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Der einzige Mensch, mit dem du einen Konflikt haben kannst, bist du selbst!




Es ist schon faszinierend. Die wenigsten Menschen mögen Konflikte. Wenn es jedoch stimmt, dass ich einen Konflikt mit jemand anderem habe, wenn jemand anderes Schuld ist, dann sollte mich selbst ein Konflikt doch gar nicht belasten.


Doch der herrliche deutsche Satz „Ich möchte mich beschweren“, legt schon nahe, dass da eben irgendwas von Gewicht ist. Und dieses Gewicht laste ich mir auf.


Denn der Konflikt liegt in mir. In meinem Denken.


Nichts, was ich hier herleite, erkläre und erzähle ist dabei neu. Vor mir haben schon viele große Denker diese Gedanken formuliert. Byron Katie, Marshall Rosenberg, Reinhard Sprenger, Friedrich Glasl, Vera F. Birkenbihl und viele andere.


Was immer mich ärgert, mich stört und einen Konflikt darstellt. Es spielt sich lediglich und zu allererst in mir ab.


Irgendwo ist Krieg und das belastet mich? Warum? Weil meine Vorstellung eine andere ist. Es sollte keinen Krieg geben. Ich verbinde damit vielleicht Sorgen, Ängste, irgendwas. Das sollte eben nicht sein.

Irgendwo gibt es eine Ungerechtigkeit und das ärgert mich? Warum? Weil meine Vorstellung eine andere ist. Es sollte gerecht zugehen.


Reinhard Sprenger sagt, Konflikt ist die Lösung. Er hat Recht.

Byron Katie sagt, es sind nur unsere ungeprüften Gedanken, die uns Stress bereiten. Sie hat Recht.

Marschall Rosenberg sagt, es sind unsere unerfüllten und unartikulierten Bedürfnisse, die für Ärger sorgen. Er hat Recht.

Friedrich Glasl sagt, dass unser Selbstbild mit dem angenommenen Fremdbild kämpft. Er hat Recht.

Vera F. Birkenbihl sagt, dass jeder Mensch eine eigene Insel seiner Realität ist. Manche Inseln sind sich ähnlich und manche nicht. Sie hat Recht.


Ich behaupte sogar, der erste Gedanke, der bereits für Ärger sorgt, ist die Überzeugung, dass Konflikte etwas falsches sind. Das sie vermieden gehören. Das Harmonie der natürliche Grundzustand ist. Das ist falsch.


Denn was ist überhaupt ein Konflikt? Was passiert da?


Unser Bewertungssystem schlägt an und stellt fest: hey, hier ist etwas anders, als es sein sollte. Das löst in uns negative Gefühle aus.

In unserem lymbischen System ist abgespeichert, was uns wichtig ist. Dort sind unsere Werte, als Maßstab hinterlegt. Wir reagieren auf unsere Filter, mit denen wir uns die Welt erklären. Wir haben in unseren Emotionen ein Bild abgespeichert, wie die Welt sein sollte. Doch woher soll die Welt das wissen? Und da jeder von uns eine leicht bis stark andere Version dieses Bildes hat, kann die Welt da draussen mit gar nicht gerecht werden.


Ein Konflikt ist nicht mehr und nicht weniger, als der Seismograph, der mir sagt: Hey! Hier ist eine Situation, die hast du anders als Vorlage abgespeichert, als sie ist. Und leider ist unsere erste Reaktion, dass wir an unserem Soll-Bild festhalten. Das sorgt dann in uns für negative Gefühle. Einfach gesagt: wir ärgern uns. Je mehr wir festhalten, desto mehr ärgern wir uns.


Glaubst du nicht?

Nun dann sind hier ein paar Beispiele. Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen und ich denke, du hast dazu jeweils ein klares Bild.


Wie sollte sich eine gute Mutter verhalten?

Was macht einen Vater aus?

Wie verhält sich ein Arbeitskollege?

Wie muss ein Chef sein?

Was verstehst du unter Service und sogar unter gutem Service?

Wie lange hat ein teures Produkt zu halten?

Was ist ein faires Gehalt?

Wie sollte eine Bahnfahrt sein und wie ist sie?


Soll ich weiter machen?


Unsere Emotionen sind viel schneller, als unsere Gedanken. Dabei sind es unsere Gedanken, die uns am Ende helfen können. Vor allem unsere Fähigkeit, über unsere Gedanken nachzudenken.


Sobald wir das Feld der Naturwissenschaft verlassen, sind wir im Bereich des Konfliktes. Im einen Bereich gelten Naturgesetze. Diese sind messbar und überall auf der Welt gleich. Wasser ist nass und friert um die Null Grad. Egal, ob in Flensburg, Rom oder Delhi. Doch wie sich ein Sohn zu verhalten hat und wie man sich gefälligst im Straßenverkehr zu verhalten hat, ist in den drei Städten grundverschieden.


Wir leben in einer Welt des „sollte sein“ und wundern uns dann, dass wir uns täglich ärgern, weil sie anders ist.


Jede Beziehung ist voll davon. Schon mal mit jemandem zusammen gezogen? Stressfrei und total harmonisch? Oder hat doch jede beteiligte Person eine eigene Vorstellung davon, wie man nach dem kochen eine Küche zu hinterlassen hat oder das Bad? Wie oft zu waschen ist und wie zu waschen ist?


Wenn ich übrigens von Diversitykompetenz spreche, dann meine ich damit genau das: zu verstehen und zu akzeptieren, dass zwei Menschen die gleiche Welt fast grundsätzlich unterschiedlich interpretieren. Bereit sein, der anderen Sichtweise zuzuhören und diese nachzuvollziehen. Das bedingt, dass ich jeden Menschen als vollständig gleichwertig ansehe. Denn nur dann kann ich auch dessen Wirklichkeit als gleichwertig zu meiner ansehen. Sie ist weder besser, noch schlechter.


Doch der Konflikt ist tatsächlich die Lösung. Wenn ich ihn erstens zulasse und zweitens bei mir anfange zu forschen. Was denke ich? Was sollte wie sein und scheint doch anders? Was ist wirklich mein Bedürfnis, dass hier erfüllt werden soll. Ist es nur, dass ich meine Sicht der Welt bestätigt haben möchte oder ist da noch etwas substanziell anderes? Jeder Konflikt ist ein Seismograph, der mir anzeigt, dass hier einer meiner Filter gerade nicht passt.


In dieser besinnlichen Zeit am Ende eines Jahres (übrigens: wie sollte Weihnachten sein?) Könnte sichj ja vielleicht eine ruhige Stunde ergeben, in der du einmal inne hälst. In der du dir einen Konflikt den, du dieses Jahr gehabt hast nimmst. In dem du mit offenem weihnachtlichen Herzen noch einmal darauf schaust und dich fragst: Ist das wirklich wahr, was ich gedacht habe? Wem keiner einfällt, dem bietet vielleicht die weihnachtliche Familienzusammenkunft Gelegenheit dazu.


Ach und ein hilfreicher Gedanke vielleicht noch: verstehen ist was anderes, als einverstanden sein.


In diesem Sinne: auf ein konfliktreiches Jahr 2024.

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