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Veränderung muss weh tun

Das Begleiten von Mitarbeitenden in Veränderungen, das coachen von Führungskräften und beraten von Organisationen zu Veränderungsthemen macht einen Hauptteil meiner Arbeit aus. Mein Eindruck ist, dass alle an einer Veränderung beteiligten entweder glauben, diese wäre ohne große Schmerzen - natürlich psychischer Art - möglich, oder ich möge bitte dafür sorgen, dass diese eben ausbleiben und alles schnell und reibungslos läuft.

Doch das ist unmöglich.

Schauen wir genauer hin wieso und was wir daraus lernen können.

Nehmen wir an, sie sind ein leidenschaftlicher Fleischesser. Morgens starten sie mit Wurst, Mittags greifen sie gerne zum Salat mit Hähnchen und Abends darf es noch mal ein Steak sein. Jetzt ereilt sie von außen eine Veränderung. Ab sofort gibt es keinen Brokkoli mehr. Wird ihnen das irgendeine Art von Schmerz zufügen? Kostet es sie einen Preis? Nein, nichts.

Lassen wir die Veränderung etwas deutlicher ausfallen. Ihr Arzt verbietet ihnen aus gesundheitlichen Gründen Rindfleisch. Steak verschwindet ab sofort von der Speisekarte.

Spüren sie einen Schmerz? Sicherlich. Wie stark? Ich vermutet, eine gewisse Wehmut wird sich einstellen, doch es gibt ja noch genug Alternativen.

Wie jedoch sieht es aus, wenn nun aus plausiblen Gründen keinerlei Fleisch mehr auf ihren Speiseplan darf?

Jetzt ist die Veränderung einschneidend. Sie wird ihnen Schmerzen bereiten. Neben der organisatorischen Herausforderung, neue Rezepte zu erlernen, sämtliche Ernährungsgewohnheiten umzustellen, werden sie eine starke Trauer empfinden. Sehnsucht, Wehmut nach der guten alten Zeit.

Warum dieses Beispiel? Ersetzen sie Fleisch durch etwas, das sie wirklich gerne mögen. Eine tiefgreifende Veränderung erkennen sie erst daran, dass sie weh tut. Wenn es keinen Schmerz auszuhalten gibt, dann ist es für sie keine herausfordernde echte Veränderung. Dann verschwindet vielleicht eine liebgewonnene Randerscheinung aus ihrem Leben. Doch wirklich umstellen müssen sie sich nicht.

Jede Veränderung die elementar ist, tut weh. Dieser Schmerz lässt sich nicht vermeiden. Selbst, wenn im obigen Beispiel ihr Arzt gesagt hat, dass sie ansonsten in wenigen Monaten sterben, werden sie diesen Schmerz durchleben. Er ist der Preis für die Veränderung.

Für mich ergeben sich daraus mehrere Schlussfolgerungen:

Wenn die Veränderung sie nicht schmerzt, ist es keine. Als Führungskraft können sie den Mitarbeitenden, die keinen Schmerz empfinden, wesentlich weniger ihrer Zeit opfern.

Achten sie bei einer Veränderung in der Organisation darauf, wo der Schmerz empfunden wird. Daran erkennen sie, wo die Veränderung wirklich ansetzt. Ein spannender Indikator dafür, ob sie die richtige Veränderung eingeleitet haben.

Wie im obigen Beispiel, können die Betroffenen die rein operativen Veränderungen relativ schnell begreifen und umsetzen. Der innere Anpassungsprozess jedoch braucht wesentlich mehr Zeit. Je tiefer der Schmerz, desto länger.


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